Keine Einschränkungen der Notfallversorgung in Wattwil

Durch eine unsinnige Vorgabe der Regierung wird die funktionierende Gesundheitsversorgung im Toggenburg akut gefährdet. Der Toggenburger Ärzteverein wehrt sich deshalb gegen die willkürliche und inakzeptable Einschränkung der Notfallversorgung in der Berit Klinik Wattwil auf zwei Behandlungsnächte.

Darüber, wie eine gute medizinische Grundversorgung für alle Regionen umgesetzt werden soll, da scheiden sich die Geister häufig. Im Kanton St. Gallen gibt seit rund 20 Jahren der Verwaltungsrat der vier Spitalverbunde im Auftrag der Gesundheitsdirektion des Kantons vor, wie die stationäre medizinische Versorgung vonstattengehen soll.

In der Spitalstrategie des Kantons St. Gallen wurden von den einst neun Spitälern fünf Regionalspitäler geschlossen oder allenfalls umgenutzt. Als politisches Zugeständnis stellte man den fünf betroffenen Regionen Gesundheits- und Notfallzentren (GNZ) in Aussicht. Was genau darunter zu verstehen war und wie diese konkret organisiert sein sollten, blieb offen – wohl, weil der Verwaltungsrat der Spitalverbunde bereits im Vorfeld wusste, dass dieses Konzept nicht funktionieren kann. Deshalb erstaunt es nicht, dass keines dieser versprochenen GNZ zustande gekommen ist. Mit einer einzigen Ausnahme: Dem GNZ in Wattwil.

Aufgrund des vehementen Einsatzes der Bevölkerung, der Gemeinde Wattwil und des Toggenburger Ärztevereins konnte zusammen mit der Berit Klinik trotz vieler Hürden ein gut funktionierendes Gesundheits- und Notfallzentrum realisiert werden. Mit der Berit Klinik hat das Toggenburg einen zuverlässigen Partner gefunden, der innert weniger Monate eine qualitativ hochstehende medizinische Notfallversorgung rund um die Uhr an 365 Tagen pro Jahr auf die Beine gestellt hat. Inzwischen werden auch diverse medizinische und diagnostische Leistungen (Radiologie, Sonographie, CT, Labor) und Spezialsprechstunden im ehemaligen Spitalgebäude angeboten. Zudem wird das medizinische Spektrum im August 2024 mit Hausarztpraxen und zusätzlichen Spezialfachärztinnen und -Ärzten ausgebaut. Somit entwickelt sich zusammen mit den Grundversorgern und Spezialärzten des Toggenburger Ärztevereins wieder ein äusserst potentes Netzwerk, welches auch über das Toggenburg hinaus ein Modell sein könnte.

Im Toggenburg setzen sich alle Beteiligten gemeinsam für eine gute Gesundheitsversorgung ein – ein Konsens, der sich auch an der Podiumsveranstaltung vom 8. Februar 2024 in der Berit Klinik in Wattwil manifestierte. Rund 400 anwesende Toggenburgerinnen und Toggenburger waren sich mit Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft der Berit Klinik, des Toggenburger Ärztevereins, der Gemeinde Wattwil sowie den anwesenden Kantonsräten und weiterer Vertreter aller Parteien (SP, SVP, Mitte und FDP) unisono einig, dass die willkürliche Einschränkung der Notfallversorgung auf maximal 48 Stunden seitens der Gesundheitsdirektion absolut unsinnig ist. Niemand der Anwesenden konnte verstehen, warum die Gesundheitsdirektion eine Entlastung der chronisch überfüllten, übrigen Notfallstationen im Kanton nicht vollumfänglich unterstützt. Nicht einmal finanzielle Mehrkosten oder Sparpotentiale konnten hier angeführt werden.

Aus medizinischer Sicht gefährdet aber eine derartige Vorgabe eine gut funktionierende, fachkompetente Notfallstation und untergräbt die zusätzlich nötigen Infrastrukturen wie unter anderem Röntgen, CT und Labor massiv.  Ein Notfallzentrum, das eine zuverlässige Notfallstation führen will, kann mit solchen Vorgaben nicht nachhaltig funktionieren. Der Verwaltungsrat der Spitalverbunde und die Gesundheitsdirektion wissen dies sehr wohl. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt!

Aus Sicht der im Toggenburger Ärzteverein zusammengeschlossenen Hausärztinnen und Hausärzte wären die Folgen katastrophal. Ohne eine funktionierende Notfallstation wären die Hausärzte nicht in der Lage, die drohende Lücke zu schliessen. Mit der Durchsetzung des Regierungsentscheides wäre die medizinische Notfallversorgung im Toggenburg definitiv nicht mehr gewährleistet! Der Toggenburger Ärzteverein möchte deshalb Regierungsrat Bruno Damann daran erinnern, dass die Pflicht zur Notfallversorgung auch nicht mehr an die Hausärztinnen und Hausärzte abgeschoben werden kann.

Der Toggenburger Ärzteverein ist überzeugt, dass sich eine solche sowohl aus ärztlicher wie auch aus politischer Sicht unsinnige Vorgabe der Gesundheitsdirektion auch für die anderen Regionen im Kanton äusserst negativ auswirken könnten. Denn durch die Spitalschliessungen und die fehlenden GNZ kam es zu einer absehbaren chronischen Überlastung der verbliebenen Notfallstationen in Wil, Uznach, Grabs und am Kantonsspital St. Gallen. Nur schon daher ist es auch im Interesse der anderen Regionen sein, dass die Berit Klinik ihre Notfallstation im Toggenburg ohne Einschränkung weiterführen kann.

Medienmitteilung: Rettungsdienst umfährt das naheliegendste Notfallzentrum

Nach der Schliessung des Spitals Wattwils bietet die Berit Klinik eine medizinische Versorgung der Toggenburger Bevölkerung an – inklusive eines rund um die Uhr geführten Notfallzentrums. Umso stossender ist es, dass der Rettungsdienst die Notfallstation in Wattwil systematisch umfährt.

Wattwil, 4. Dezember 2023 | In der Berit-Klinik in der Liegenschaft des ehemaligen Spitals Wattwil steht heute ein gut funktionierendes, auf die Bedürfnisse der Toggenburger Bevölkerung angepasstes Angebot von ambulanten und für Notfallpatienten stationären medizinischen und chirurgischen Leistungen sowie Diagnostik zur Verfügung. Ein hochmotiviertes und sehr kompetentes Ärzte- und Pflegeteam bietet eine 24-Stunden-Versorgung an. Der Notfalldienst wird zusammen mit dem Toggenburger Ärzteverein abgedeckt. Die Zusammenarbeit mit der Berit Klinik wird von den niedergelassenen Ärzten als sehr kooperativ und verlässlich eingestuft.

Versorgung der Bevölkerung gefährdet

Der Toggenburger Ärzteverein muss nun aber feststellen, dass die kantonale Gesundheitspolitik erneut die lokale Versorgung der Toggenburger Bevölkerung gefährdet, weil der Rettungsdienst 144 die Berit Klinik ganz bewusst links liegen lässt. Eine aktuelle Statistik zeigt, dass nur noch acht Prozent der Notfalltransporte via Rettungsdienst in die Notfallstation in Wattwil gelangen, zu Zeiten des Spital Wattwil waren es noch rund 40 Prozent. Es kommt sogar vor, dass Patientinnen und Patienten gegen ihren ausdrücklichen Willen nicht in die Berit Klinik gefahren werden.

Die Antwort der Regierung auf eine kürzliche Anfrage von SP-Kantonsrat Martin Sailer zeigt auf, dass die Umgehung des Wattwiler Notfalls mit voller Absicht geschieht. Das Gesundheitsdepartement vergütet der Berit Klinik ab November 2023 bei Notfallpatienten nur noch Behandlungen mit einer Aufenthaltsdauer von höchstens zwei Nächten. Daher soll nun das Rettungsdienstpersonal vor Ort beurteilen können, welcher Patient potenziell länger als zwei Nächte behandelt werden muss. Für die Toggenburger Ärzteschaft ist dies aus medizinischen Überlegungen schlichtweg nicht möglich.

Die Haltung der Regierung ist nicht nur für die Berit Klinik unbefriedigend, letztlich leidet darunter die Versorgungsqualität der ganzen Bevölkerung. Die aktuelle Diagnostik in der Berit Klinik mit einem 24Stunden-Service inklusive der Möglichkeit von CT-Untersuchungen ist einzigartig und wird von Patienten und Ärzten sehr geschätzt. Für eine weiterhin adäquate Versorgung der Region ist eine ausreichende Auslastung des Notfallzentrums eine unabdingbare Voraussetzung. Ein künstliches Aushungern des Notfalls in Wattwil könnte dagegen einen Leistungsabbau provozieren.

Leistungsauftrag anpassen

Gemäss einer Kontrolle des Gesundheitsdepartment im November blieben rund 20 Prozent der Patientinnen und Patienten drei oder mehr Nächte in der Berit Klinik hospitalisiert. Für den Toggenburger Ärzteverein ist es nachvollziehbar, dass zur Behandlung einer Lungen- oder Darmentzündung gelegentlich zusätzliche Hospitalisationstage erforderlich sind. Ein Sekundärtransport in eine weitere Klinik nach zwei Nächten ist in solchen Fällen weder patientenfreundlich noch gesundheitspolitisch sinnvoll. Der Toggenburger Ärzteverein spricht sich deshalb dafür aus, das Leistungsspektrum der Berit Klinik nicht einzuschränken.

Die Toggenburger Ärzteschaft stellt sich in seltener Einmütigkeit klipp und klar gegen die unsinnige Benachteiligung der Berit Klinik, welche nicht aus medizinischen Gründen erfolgt.

Der Toggenburger Ärzteverein stellt daher folgende Forderungen an die Regierung:

1. Das Notfallzentrum der Berit Klinik muss durch die Rettung St.Gallen nach medizinischen Kriterien als nächstgelegener Notfall angefahren werden. Ausnahmen sind Fälle, die gezwungenermassen Leistungen eines Zentrumsspital benötigen.

2. Das Notfallzentrum der Berit Klinik ist seitens des Gesundheitsdepartements genauso zu unterstützen, wie alle anderen Notfälle im Kanton auch, damit es seine Aufgabe eines auf den regionalen Bedarf abgestimmten Notfallversorgungsangebots sicherstellen kann.

Nachfolge Spital Wattwil auf Kurs: Niedergelassene Ärzte unterstützen gemeinsamen Betrieb des Notfallzentrums mit Berit und ein neues Ärztezentrum

Die Berit Klinik Gruppe und die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte des Toggenburger Ärztevereins haben sich auf die Ausgestaltung der Zusammenarbeit in der regionalen Notfallversorgung geeinigt. Zusätzlich konkretisiert sich die Realisierung eines neuen Ärztezentrums von fünf Ärztinnen und Ärzten auf rund 1’000 m2 in der Spitalliegenschaft.

Die nachhaltige Organisation und ein wirtschaftlicher Betrieb der Notfallversorgung im Toggenburg sind herausfordernd. Dies nicht nur, weil das Spital Wattwil geschlossen wird, sondern auch, da die Anzahl niedergelassener Ärztinnen und Ärzte in der Region tief ist. Unter finanziell anspruchsvollen Rahmenbedingungen muss die Versorgung trotzdem rund um die Uhr für eine effektiv kleine Anzahl von Notfällen sichergestellt werden. Das gelingt in einer innovativen Kooperation der Berit Klinik Gruppe (Berit) mit den regionalen Haus- und Fachärzten.

Leistungsauftrag Notfallzentrum beantragt

Berit und die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte im Toggenburg haben in kurzer Zeit eine gute Lösung gefunden und sich über ihre Zusammenarbeit geeinigt. Sie werden den Betrieb des Notfallzentrums in der Spitalliegenschaft Wattwil gemeinsam unter Führung der Berit sicherstellen. Es entsteht ein bedarfsgerechtes, effizient organisiertes und qualitativ hochstehendes Angebot, um die Notfall- und Grundversorgung zu gewährleisten. «Unsere Niedergelassenen haben der Vereinbarung in einer Urabstimmung rasch und sehr klar zugestimmt», erklärt Uwe Hauswirth, Präsident des Toggenburger Ärztevereins (TÄV). «Berit hat nun beim Kanton einen entsprechenden Antrag auf den notwendigen Leistungsauftrag inklusive das ursprünglich geplante kurzstationäre Bettenangebot gestellt.»

Dieses beschränkte Bettenangebot ist auch für die Weiterführung der Alkoholkurzzeittherapie (PSA) in Wattwil unerlässlich. «Damit und mit dem Notfallzentrum entspricht Berit dem ursprünglichen Anliegen und Vorhaben des Kantons. Gemäss diesem bedingen sich die beiden Leistungsaufträge Notfall und PSA gegenseitig», betont Uwe Hauswirth. Er ist überzeugt: «Mit der neuen Lösung können wir eine umfassende medizinische Notfallversorgung sicherstellen. Vor allem gewährleistet Berit auch, dass auch chirurgische Notfälle kompetent behandelt werden können. Diese Fälle gingen in den bisherigen Diskussionen immer unter.»

Neues Ärztezentrum für erweitertes Angebot

Zusätzlich bereits konkret geprüft wird die Idee, ein neues Ärztezentrum in der Spitalliegenschaft zu integrieren. Auf rund 1’000 m2 sind eine Hausarzt- und vier Facharztpraxen für Gastroenterologie, Kardiologie, Onkologie und Pneumologie in Planung. Initiantinnen und Initianten sind fünf im Toggenburg bestens bekannte und anerkannte, erfahrene Ärztinnen und Ärzte: die Gastroenterologin Dr. Diana Abraham-Schmitz, der Kardiologe Dr. Maximilian Graw, leitender Arzt Kardiologie am Spital Wattwil, der Pneumologe Dr. Daniel Güntert sowie die Onkologin Dr. Isabella Schönenberger, leitende Ärztin Onkologie am Spital Wattwil. Im Rahmen der Nachfolgeplanung des Hausarztes Dr. Jean-Luc Meyer ist zudem ein überregionales Gesundheitsnetzwerk involviert.

«Wir haben uns schon seit einiger Zeit mit der Idee eines gemeinsamen Ärztehauses beschäftigt und dafür nötige Studien zum Entscheid vorliegen. Anstatt nur in der Nähe des Spitals bietet sich uns nun die Gelegenheit, das neue Zentrum in der Spitalliegenschaft zu realisieren und uns dort einzumieten», freut sich Daniel Güntert als Vertreter der Gruppe. «So können wir noch mehr Synergien nutzen und noch besser zur medizinischen Versorgung beitragen.» Das sieht auch Uwe Hauswirth als grosses Plus nicht zuletzt für die Notfallversorgung: «Mit dem neuen Ärztezentrum und den zusätzlichen Fachdisziplinen wird unsere Notfallversorgung noch umfassender, über die spezifische chirurgische Kompetenz von Berit hinaus.» 

Voraussetzungen erfüllt

Mit dem erreichten Arbeitsstand haben die Berit und die Ärzteschaft die Voraussetzungen rasch und seriös erfüllt. Die Regierung und der zuständige Departementsvorsteher Bruno Damann haben mehrfach ihr Versprechen abgegeben, die niedergelassene Ärzteschaft in der Notfallversorgung zu unterstützen. Für den Präsidenten des Toggenburger Ärztevereins ist denn auch klar, dass es nun keine neuen Forderungen oder Hürden geben darf und die Entscheide rasch zu fällen sind, zumal auch so für das Personal, das bisher am Spital Wattwil beschäftigt ist, rasch und nahtlos eine Anschlusslösung angeboten werden kann. Er fasst zusammen: «Wir zählen darauf, dass die Regierung ihr Versprechen uns gegenüber einlöst und damit den Versorgungsauftrag der regionalen Bevölkerung gewährleistet.»